Text der Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums des Innern für Sicherheit und Heimatschutz vom 8. September 2025:
Verfassungsschutzbericht 2024: Weniger Extremisten / Mehr Straf- und Gewalttaten / Junge Menschen in sozialen Medien besonders im Fokus
Roman Poseck: „Wir müssen alle Bedrohungen gegen unsere Verfassungsordnung gleichermaßen ernst nehmen; wir dürfen sie nicht gegeneinander ausspielen. Die aktuelle Lage zeigt, dass der Verfassungsschutz stark gefordert ist.“
Wiesbaden. Innenminister Roman Poseck hat gemeinsam mit dem Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) Hessen, Bernd Neumann, den hessischen Verfassungsschutzbericht 2024 vorgestellt und auf aktuelle verfassungsfeindliche Entwicklungen und auf Herausforderungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung hingewiesen.
Innenminister Roman Poseck führte zur aktuellen Sicherheitslage aus: „Unsere Sicherheit war selten auf so vielfältige Weise bedroht wie heute. Auch wenn die Zahl der Extremisten in Hessen leicht zurückgegangen ist, ist das kein Zeichen der Entspannung. Die Qualität der extremistischen Aktivitäten hat sich verändert. Straftaten und Gewaltbereitschaft nehmen zu.
Dabei bleibt der Rechtsextremismus nach wie vor die größte Gefahr für unsere Demokratie. Es gibt fließende Übergänge zwischen Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus und Rechtspopulismus. Diese reichen inzwischen bis in die Parlamente. Die damit verbundene Verrohung der Debatte ist ein Nährboden für rechtsmotivierte Straftaten.
Aber auch der Linksextremismus bedroht unsere freiheitlich demokratische Grundordnung und wird durch verschiedene Aktionen, wie zuletzt die Hausbesetzung und das Protestcamp in Frankfurt sowie Ausschreitungen bei einer Demonstration in Köln gegen Rheinmetall gezeigt haben, immer sichtbarer und gefährlicher. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel ist Antisemitismus und Israelhass verstärkt auch von links zu beobachten, der sich im Netz, auf Straßen und in Hochschulen entlädt.
Diese unterschiedlichen Brandherde befeuern die gesellschaftlichen Debatten in unserem Land. Der Ton ist insgesamt rauer geworden, Aggression und Polarisierung nehmen zu. Hinzu kommt, dass Extremisten immer jünger werden und sich schneller und immer häufiger auch durch soziale Medien radikalisieren.
Wir müssen alle Bedrohungen, die sich gegen unsere Verfassungsordnung richten, gleichermaßen ernst nehmen; wir dürfen sie nicht gegeneinander ausspielen. Für unsere Sicherheitsbehörden stellt jede extremistische Bestrebung einen besonderen Schwerpunkt dar, unabhängig davon, ob ihr eine islamistische, eine rechts- oder linksextreme Gesinnung zugrunde liegt. Einer besonderen Aufgabe kommt dabei der Verfassungsschutz als Frühwarner zu. Er liefert uns die notwendigen Hinweise und Erkenntnisse, um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und abzuwehren. Die aktuelle Lage zeigt, dass der Verfassungsschutz stark gefordert ist.“
Der Verfassungsschutzbericht 2024 belegt, dass es im vergangenen Jahr 12.905 Extremisten in Hessen gab, was 205 Personen weniger sind als im Jahr 2023. Trotz des Rückgangs des extremistischen Personenpotenzials sind die Straf- und Gewalttaten um 34 Prozent von 1.881 auf 2.527 angestiegen. Zwischen 2020 und 2024 ist das der Höchstwert. Das ist ein klares Signal für eine zunehmende Radikalisierung und Aggressivität von Extremisten.
Rechtsextremismus – Extremer Anstieg der Straf- und Gewalttaten
Der Rechtsextremismus weist ein geringes Wachstum beim Personenpotenzial (+15 auf 1.790) auf, ist aber geprägt von einem steigenden Maß an Gewalt. 935 Personen, über 50 Prozent, werden als gewaltorientiert eingestuft. Innenminister Roman Poseck führte dazu aus: „Seit mehr als zehn Jahren steigt die Anzahl der Rechtsextremisten in Hessen. Zwischen 2020 und 2024 hat das Personenpotenzial um 130 zugenommen. Zugleich ist ein enormer Anstieg der Straf- und Gewalttaten zu verzeichnen. Allein zwischen 2023 und 2024 sind diese von 1.445 auf 1.997, also um 38 Prozent, angestiegen. Diese Entwicklung ist höchst alarmierend und verdeutlicht, warum der Rechtsextremismus weiterhin die größte Bedrohung für die freiheitliche, demokratische Grundordnung ist.
Rechtsextremistische Kräfte versuchen, aktuelle Krisen und Herausforderungen für sich zu nutzen. Sie spielen mit den Sorgen und Nöten der Bevölkerung, um die Gesellschaft zu spalten und unseren Rechtsstaat zu schwächen. Radikale Akteure sind inzwischen auch in Parlamenten vertreten. Sie nutzen diese Plattform, um ihre extremen Ansichten zu verbreiten und säen damit weiteren Hass, der sich zunehmend auch in Gewalt entlädt. Ihre Feinbilder sind der Staat, die Zivilgesellschaft und die Vielfalt.
Deutschlandweit gerät die LGBTQ-Community immer mehr in den Fokus rechtsextremistischer, immer jünger werdender Gruppierungen, etwa durch Hasspostings, Anti-CSD-Rhetorik oder Gegenveranstaltungen. In diesem Jahr hat sich das bei einer CSD-Veranstaltung im Juni in Wetzlar gezeigt, bei der Protestierende einem Aufruf der rechtsextremistischen Partei „Die Heimat“ (früher NPD) folgten und rassistische Parolen skandierten. Die Polizei hat konsequent eingegriffen und mehrere Strafverfahren eingeleitet. Für mich ist klar: Niemand darf Angst vor Ausgrenzung, Hass oder Gewalt haben. Als Demokraten tragen wir gemeinsam Verantwortung dafür, Diskriminierung, Hass und Gewalt entschieden entgegenzutreten. Wir lassen nicht zu, dass die Feinde unserer Demokratie unser Werteverständnis und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt untergraben. Jeder Einzelne kann daran mitwirken.“
Reichsbürger und Selbstverwalter
Die insbesondere seit den „Corona-Protesten“ zunehmende Vernetzung und Durchmischung von Teilen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene mit Anhängern verschiedener Verschwörungsnarrative setzt sich fort. Seit der Corona Pandemie im Jahr 2020 hat sich das Personenpotenzial um ein Viertel von 1000 auf 1250 erhöht. Es ist eine zunehmende Vernetzung innerhalb der Gruppe, aber auch mit Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern aller Art zu beobachten.
Die Dimension der Gefahren haben die Umsturzpläne der Gruppierung um Heinrich XIII. Prinz Reuß und die Aktivitäten der Reichsbürger-Vereinigung „Königreich Deutschland“ deutlich gezeigt. In beiden Fällen ist der Rechtsstaat entschieden gegen die Verfassungsfeinde vorgegangen.
„Besonders gefährlich wird es, wenn Reichsbürger Waffen besitzen. Deshalb setzen wir alles daran, Extremisten zu entwaffnen. Im vergangenen Jahr wurden 35 Verfassungsfeinde entwaffnet; 2023 waren 52. Damit zeigen wir klare Kante, denn Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten und Verfassungsfeinden. Diesen Druck halten wir auch in diesem Jahr hoch“, so der Minister.
Linksextremistische Kräfte nehmen zu
Wie im Jahr 2023 liegt das linksextremistische Personenpotential auch im Jahr 2024 bei 2.600. Dabei steigt die Zahl gewaltorientierter Linksextremisten seit Jahren stetig und erreicht im vergangenen Jahr mit 730 Personen einen Höchststand. Das ist im Vergleich zu 2020 ein Anstieg um gut 25 Prozent. Linksextreme waren im Jahr 2024 für 155 Straf- und Gewalttaten verantwortlich, ein Plus von 12 Prozent im Vergleich zu 2023. Der größte Teil davon liegt im Bereich der Sachbeschädigungen (113).
Der Innenminister erklärte zu der Entwicklung: „Auch von links werden das friedliche Miteinander und die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht. Angriffe auf unseren Staat und politische Gegner werden immer häufiger, wie der Brandanschlag im März auf mehrere Transportfahrzeuge des Regierungspräsidiums Gießen mit einem Sachschaden von 300.000 Euro oder die Proteste Anfang des Jahres gegen mehrere Parteizentralen gezeigt haben. Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist das Thema „Antimilitarismus“ mehr in den Vordergrund gerückt. Die linksextremistische Szene versuchte den Anstieg der Verteidigungsausgaben als Teil einer „Militarisierung“ der Gesellschaft umzudeuten, die auf eine angebliche Vorbereitung eines Angriffskriegs der NATO hinauslaufe. Diese Aussagen sind gefährlich, da sie polarisieren und auch ideologischer Nährboden für Gewalt sind.
Besonders besorgniserregend sind aktuell Verbindungen von Teilen der linksextremistischen Szene mit extremen Teilen der pro-palästinensischen Szene. Sie überschreiten die Grenzen einer legitimen Kritik an der israelischen Regierungspolitik bei weitem und propagieren stattdessen offen israelbezogenen Antisemitismus. Dabei sprechen sie Israel das Existenzrecht ab und machen sich mit der terroristischen Vereinigung Hamas gemein. Das wurde bei mehreren Versammlungen deutlich, zuletzt bei der illegalen Hausbesetzung im Frankfurter Stadtteil Gallus.
Hessen steht klar an der Seite Israels und der Jüdinnen und Juden in unserem Land. Für mich ist es beschämend, was Jüdinnen und Juden insbesondere nach dem Angriff der Hamas auf Israel hier in Deutschland ertragen müssen. Deshalb habe ich am 31. August auf der Versammlung „United we stand – gegen jede Art vor Antisemitismus“ in Frankfurt meine Solidarität mit den Teilnehmern bekundet und meine Forderung wiederholt, das Leugnen des Existenzrechts Israels unter strafrechtlichen Schutz zu stellen. Leider nimmt die Zahl antisemitischer Vorfälle weiter zu: RIAS Hessen meldet für das vergangene Jahr mit 1.000 Registrierungen einen neuen Höchstwert.
Es ist daher unsere Aufgabe als Staat und Gesellschaft, antisemitischem Hass entschieden entgegenzutreten und sich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der sowohl Menschen jüdischen Glaubens als auch israelische Staatsbürger ohne Angst in Frieden leben können.“
Islamismus bleibt eine Gefahr
Gegenüber 2023 blieb das islamistische Personenpotenzial in Hessen im Jahr 2024 unverändert bei 3.890 Personen. Nachdem das salafistische Personenpotenzial 2021 (1.450) und 2022 (1.370) zurückgegangen war, stieg dieses 2023 leicht auf 1.400 Personen und blieb im vergangenen Jahr konstant auf diesem Niveau. Im Vergleich zu 2023 (146) nahm 2024 die Anzahl der islamistischen Straf- und Gewalttaten signifikant um 89 ab und betrug nun 57. Auch die Zahl der Gewalttaten sank von drei Delikten (2023) auf ein Delikt.
Der Großteil der Islamistischen Straftaten waren Volksverhetzungen, Propagandadelikte oder Beleidigungen. „Die vergangenen Anschläge und Angriffe haben gezeigt, dass der Islamismus insbesondere der Dschihadismus eine ernstzunehmende Bedrohung und die extreme Brutalität der Attacken und der in Teilen sehr schnellen Radikalisierung der Szene eine potenziell tödliche Bedrohung darstellen. Auch weiterhin gehen abstrakte Gefahren von radikalisierten Einzeltätern aus“, sagte Roman Poseck.
Auslandsbezogener Extremismus
Auslandsbezogener Extremismus umfasst sicherheitsgefährdende extremistische und terroristische Bestrebungen in Deutschland, die im Zusammenhang mit politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen im Ausland stehen. Auch wenn das Personenpotenzial im Auslandsbezogenen Extremismus auch dieses Jahr wieder gesunken ist (-11 Prozent von 3.795 auf 3.375) gab es einen deutlichen Zuwachs von 150% der Straf- und Gewalttaten (105 auf 263). Diese enorme Steigerung ist auf Verbrechen wie Volksverhetzung, Beleidigungen und Propagandadelikte zurückzuführen, die im Rahmen zahlreicher pro-palästinensischer Veranstaltungen oder in der analogen und digitalen Welt im Kontext des Krieges in der Ukraine geschehen sind. Gewalttaten dagegen gingen von 6 auf 4 zurück.
Immer mehr junge Menschen extremistisch – Neue Herausforderungen durch soziale Medien
LfV-Präsident Neumann hob die Rolle sozialer Medien als „Startrampen für Radikalisierung“ hervor, insbesondere im Rechtsextremismus und Islamismus. Junge Menschen, teilweise noch im Schulalter, würden hier gezielt geködert und radikalisiert, was auch die Zahl immer jüngerer Extremisten belege.
Er erklärte weiter: „Die Generation Z wächst in einer Welt auf, in der Likes und Klickzahlen oft mehr über „Wahrheit“ entscheiden als Fakten oder Quellen; in der der Feed zur Filterblase wird und extremistische Inhalte zum Alltagsbild. Radikalisierungsprozesse verlagern sich so zunehmend ins Digitale. Insbesondere jüngere Personen geraten über soziale Medien aber auch Foren und Gaming-Plattformen in Kontakt mit extremistischen Inhalten – häufig, ohne es anfangs zu erkennen. Die Einstiegsschwellen sinken. Das Angebot an Propagandaformaten ist professionalisiert und auf Zielgruppen zugeschnitten.
Diese Mechanismen führen in allen Phänomenbereichen auch zu einer dramatischen Beschleunigung der Radikalisierung. Die digitalen Echokammern schaffen alternative Realitäten, in denen Gewalt als legitimes und oft notwendiges Mittel erscheint. Radikalisierung kann in wenigen Wochen oder gar Tagen erfolgen – durch dauerhafte algorithmische Bestätigung, durch parasoziale Beziehungen zu digitalen Vorbildern. Wir sprechen hier von Turboradikalisierung. Und diese Entwicklungen bleiben nicht virtuell. Sie finden ihren Weg in die analoge Welt zurück – auch hier in Hessen: Im Februar 2024 vereitelten hessische Sicherheitsbehörden einen rechtsextremistischen Angriff in Wetzlar, bei dem ein angeblicher Pädophiler zum Ziel wurde – über Social Media in eine Falle gelockt, in der er bloßgestellt, festgesetzt oder sogar angegriffen werden sollte. Das sogenannte „Pedo Hunting“ ist ein Beispiel dafür, wie Rechtsextreme gesellschaftlich sensible Themen instrumentalisieren, um Anschluss an die Mitte zu finden.
Und genau deshalb – weil Extremismus heute anders aussieht, anders spricht und sich anders verbreitet – müssen auch wir uns weiterentwickeln. Im LfV Hessen beschäftigen wir uns intensiv mit diesen neuen Formen digitaler Radikalisierung. Unser Kompetenzzentrum Rechtsextremismus (KOREX) führt dazu gezielt Fortbildungen durch – insbesondere für Schulen.
Die zunehmende Bedeutung sozialer Netzwerke für Extremismus ist längst keine Zukunftsvision mehr. Sie ist unsere Gegenwart. Es liegt an uns allen, die Augen zu öffnen, zu handeln und unsere Demokratie im digitalen Raum zu verteidigen, bevor die Klicks zu Schlägen und die Algorithmen zu Waffen werden.“
Das Landesamt für Verfassungsschutz hat seine Präventionsarbeit besonders bei jüngeren Personen nochmal deutlich verstärkt. So führt LfV Präsident Bernd Neumann aus: „2024 erreichte das Landesamt mit nahezu 350 Präventionsterminen eine Rekordzahl: Der Verfassungsschutz war verstärkt in Schulen, Hochschulen und Kommunen präsent, um Bürgerinnen und Bürger zu sensibilisieren. Die in der Präventionsabteilung des Landesamts angesiedelte „Phänomenbereichsübergreifende wissenschaftliche Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit (PAAF)“ intensivierte ihre Maßnahmen nach dem Terrorangriff der HAMAS auf Israel erheblich und initiierte zudem das Forschungsprojekt „Antisemitismus als Querschnittsphänomen im hessischen Protestgeschehen nach dem 7. Oktober 2023“.
Hybride Bedrohungen und neues Mindset
Neben inländischen Extremisten verschärfen sich auch die Bedrohungen durch ausländische Nachrichtendienste und staatliche Einflussnahme (Hybride Bedrohungen). Dazu gehören (Cyber-)Operationen, Sabotage, Informationsdiebstahl genauso wie Aktionen und Desinformationskampagnen, die auf eine Destabilisierung der Demokratie und Gesellschaft abzielen. So konnte der Verfassungsschutzverbund im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 gezielte Kampagnen identifizieren, die durch Falschbehauptungen das Vertrauen in den Wahlprozess erschüttern sollten – etwa durch vermeintliche Hinweise auf Manipulation oder angebliche Skandale bei Kandidierenden, Mandatstragenden und Parteien. Bemerkenswert – und besonders gefährlich – ist dabei: Diese Agitationen knüpfen gezielt an bestehende gesellschaftliche Konflikte an. Und sie docken an unterschiedliche – teils sogar gegensätzliche – extremistische Narrative an, um maximale Wirkung zu entfalten.
„Diese hybride Einflussnahme zielt auf das Herz unserer demokratischen Funktionsfähigkeit. Das Erkennen dieser neuen Formen der Aggression, sowie ihre Abwehr verlangt deshalb nicht nur technische Schutzmaßnahmen, sondern einen breiten, gesamtgesellschaftlichen Ansatz.
Die Rolle des Verfassungsschutzes ist dabei klar: frühzeitig erkennen, präzise analysieren, konsequent informieren – damit die zuständigen Stellen angemessen reagieren können. Doch das allein genügt nicht.
Es braucht ein neues Mindset – in Behörden und auch in der Gesellschaft. Wir müssen lernen, auch hinter scheinbar harmlosen Vorkommnissen den größeren Zusammenhang mitzudenken. Erst wenn wir in der Lage sind, Muster zu erkennen und zu vernetzen, können wir hybridem Handeln effektiv entgegentreten und unsere Demokratie wirksam schützen“, so LfV-Präsident Neumann.
Stärkung des Verfassungsschutzes und gesellschaftlicher Appell.
LfV-Präsident Neumann schloss die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts mit einem eindringlichen Appell: „Unsere freiheitliche demokratische Grundordnung steht von innen und von außen unter Druck. Wie vielfältig und dynamisch die Bedrohungen für unsere Demokratie sind, zeigt der Verfassungsschutzbericht. Doch wir werden diesen Bedrohungen weiterhin mit aller Entschlossenheit begegnen. Als Landesamt für Verfassungsschutz Hessen, als Teil eines starken Verbunds von Polizei, Justiz und Sicherheitsbehörden, arbeiten wir beharrlich daran, unsere Gesellschaft und unsere Freiheit zu schützen. Unser Auftrag ist klar: Kein Raum für Extremismus! Kein Raum für Spionage!“
Innenminister Roman Poseck wandte sich abschließend an die Gesellschaft: „Der Verfassungsschutz kann diese Aufgabe nicht alleine leisten. Deshalb appelliere ich auch an die Gesellschaft, bei Extremismus nicht wegzusehen, sondern für unsere Demokratie und Freiheit einzustehen! Wir müssen als Demokraten für unsere gemeinsamen Werte eintreten, Argumente austauschen und Kompromisse suchen, um die besten Lösungen für unsere aktuellen Probleme zu finden. Dabei dürfen und müssen wir unterschiedlicher Meinung sein und uns auch streiten. Gegenüber Extremisten jedoch müssen wir eine klare Haltung zeigen und uns unmissverständlich abgrenzen. Es gibt in unserer Gesellschaft leider eine falsche und nach meiner Wahrnehmung zunehmende Toleranz gegenüber extremen Kräften an den politischen Rändern. Desinformation, Hass und Hetze sind Gift für die freiheitliche Gesellschaft.
Unsere Demokratie ist ein kostbares Gut, das es unermüdlich zu verteidigen gilt. Sie ist Markenzeichen und gleichzeitig Erfolgsgarant für unser Land seit mehr als 75 Jahren.“
Personenpotenzial, Straf- und Gewalttaten in den extremistischen Phänomenbereichen
Erläuterung zur Tabelle
Straf- und Gewalttaten: Extremistisch motivierte Straftaten bilden eine Teilmenge der Straftaten der Kategorie „Politisch motivierte Kriminalität“. Bei extremistisch motivierten Straftaten handelt es sich um diejenigen Straftaten, bei denen es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie darauf abzielen, bestimmte Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung prägend sind.
Personenpotenzial | Straftaten | Gewalttaten | ||||
2023 | 2024 | 2023 | 2024 | 2023 | 2024 | |
Rechtsextremismus (davon gewaltorientiert) | 1.775 (905) | 1.790 (935) | 1.445 | 1.997 | 48 | 52 |
Islamismus (davon Salafisten) | 3.890 (1.400) | 3.890 (1.400) | 146 | 57 | 3 | 1 |
Linksextremismus (davon gewaltorientiert) | 2.600 (720) | 2.600 (730) | 138 | 155 | 9 | 15 |
Extremismus mit Auslandsbezug | 3.795 | 3.375 | 105 | 263 | 6 | 4 |
Reichsbürger und Selbstverwalter | 1.200 | 1.250 | - | - | - | - |
Personenpotenzial gesamt | 13.110 | 12.905 | - | - | - | - |
Straf- und Gewalttaten (sonstige Zuordnung) | - | - | 47 | 55 | 0 | 2 |
Straf- und Gewalttaten (gesamt) | - | - | 1.881 | 2.527 | 66 | 74 |
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