Gruppenbild der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Herbstgesprächs 2024 des LfV Hessen. Von links nach rechts: LfV-Präsident Bernd Neumann, Anika Schleinzer, Uwe Becker, Thomas Kreutzmann, Innenminister Prof. Dr. Poseck, Daniel Neumann, Ronya Othmann

Herbstgespräch widmet sich der „Neuen Allianz der Antisemiten“

Das 25. Herbstgespräch des LfV Hessen fand am 13. November 2024 im Museum Wiesbaden statt und stand unter dem Thema „Neue Allianz der Antisemiten“. Diskutiert wurde die Frage, wie der Hass auf jüdisches Leben und den Staat Israel verschiedene extremistische Akteure miteinander verbindet.

25 Herbstgespräche - 25 spannende Diskussionen hieß es am 13. November im Museum Wiesbaden, als das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen bereits zum 25. Mal zum Herbstgespräch zu einem verfassungsschutzrelevanten Thema einlud. Dabei wurde in der Vergangenheit ein breites Themenspektrum behandelt, von der „Organisierten Kriminalität“ (1999) über „Salafismus“ (2014) bis hin zur „Extremen Gegnerschaft“ zwischen Links- und Rechtsextremisten im vergangenen Jahr.

Dieses Jahr rückte das 25. Herbstgespräch wie zuletzt schon 2017 das Thema „Antisemitismus“ erneut in den Fokus - und zwar insbesondere die Frage, wie der Hass auf jüdisches Leben und Israel unterschiedliche extremistische Akteure zusammenbringt.

Solidarität mit jüdischem Leben in Hessen

In ihren einleitenden Reden betonten LfV-Präsident Neumann und Innenminister Prof. Dr. Poseck die Entschlossenheit, antisemitischem Hass entschieden entgegenzutreten. Sie unterstrichen, dass es Ziel sein müsse, eine Gesellschaft zu schaffen, in der jüdische Menschen sicher und ohne Angst leben können.

LfV-Präsident Bernd Neumann bei seiner Begrüßungsrede beim Herbstgespräch 2024 des LfV Hessen

LfV-Präsident Neumann verwies auf die Kampagne „Kein Raum für Antisemitismus“, die das LfV Hessen 2024 ins Leben gerufen hat, um Antisemitismusprävention zu stärken. Innenminister Poseck hob hervor, dass der Schutz des Existenzrechts Israels u.a. auch im Kontext von Versammlungen verteidigt werden müsse. Er verwies dabei auf seinen Vorschlag, die Leugnung dieses Rechts unter Strafe zu stellen, um Behörden eine rechtssichere Grundlage gegen Versammlungen zu geben, die zur Vernichtung Israels aufrufen.

Beide Redner betonten, dass der Schutz jüdischen Lebens nicht allein Aufgabe der Sicherheitsbehörden sei. Angesichts der deutschen Geschichte sei die gesamte Gesellschaft gefordert, entschlossen gegen jede Form von Antisemitismus vorzugehen.

Hessens Innenminister Prof. Dr. Roman Poseck bei seinem Impulsvortrag auf dem Herbstgespräch 2024 des LfV Hessen

Forschungsprojekt: Erste Zwischenergebnisse

Frau Anika Schleinzer, Leiterin der „Phänomenbereichsübergreifenden wissenschaftlichen Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“ (PAAF) des LfV Hessen präsentierte - in Form von Zwischenimpulsen - erste Ergebnisse ihrer Studie „Antisemitismus als Querschnittsphänomen im hessischen Protestgeschehen nach dem 7. Oktober 2023“, die im Laufe des kommenden Jahres abgeschlossen wird.

In den Monaten Oktober, November und Dezember 2023 fanden demnach hessenweit jeweils über zwanzig propalästinensische Demonstrationen statt. Erst im Januar habe sich das Protestgeschehen abgeschwächt. Mehr als ein Drittel dieser Veranstaltungen wurde - nach Bewertung des LfV Hessen - extremistisch beeinflusst. Das heißt, dass extremistische Akteure diese Veranstaltungen anmeldeten, an diesen teilnahmen oder für sie mobilisierten.

In der ersten Phase hätten Extremisten den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober als „legitime Widerstandsaktion“ gegen das, was sie als „zionistisches Besatzerregime“ bezeichneten gerechtfertigt. Der eliminatorische Antisemitismus der islamistischen Terrororganisation Hamas, der sich am 7. Oktober 2023 Bahn gebrochen habe, werde auf diese Weise verteidigt und unterstützt. Mit Beginn der israelischen Bodenoffensive am 27./28. Oktober 2023 sei in der zweiten Phase des Protestgeschehens das Narrativ eines angeblichen gezielten „Genozids“ an den Palästinensern in den Vordergrund getreten. Der jüdische Staat werde hier als das ultimativ Böse dargestellt und delegitimiert.

Durch die zentrale Rolle, die Extremisten im Rahmen des Protestgeschehens einnähmen, fänden ihre immer wieder wiederholten antisemitischen Parolen, Narrative und Überzeugungen auch bei Personen der nicht-extremistischen Teile der Protestbewegung Anklang. Dies habe zur weiteren Radikalisierung und Emotionalisierung der Protestbewegung beigetragen und bedrohe jüdisches Leben in Hessen.

Podiumsdiskussion

Die Impulse von Anika Schleinzer flossen in die anschließende Podiumsdiskussion ein. Unter der Moderation des Journalisten Thomas Kreutzmann diskutierten Ronya Othmann (Publizistin), Daniel Neumann (Vorsitzender der Jüdischen Gemeinden in Hessen) und Uwe Becker (Antisemitismusbeauftragter Hessens) über die Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus.

Die Podiumsrunde beim Herbstgespräch 2024 des LfV Hessen. Von links nach rechts: Anika Schleinzer, Uwe Becker, Thomas Kreutzmann, Daniel Neumann, Ronya Othmann.

Die Publizistin Ronya Othmann wies etwa darauf hin, dass Künstler, die - wie sie selbst - Antisemitismus kritisieren, in der Kulturszene zunehmend ausgegrenzt würden und antiisraelische Propaganda im Kulturbetrieb salonfähig werde. Sie sprach in diesem Zusammenhang von einer „antisemitischen Querfront“, die sich von der extremen Linken bis zur extremen Rechten erstrecke. Uwe Becker erinnerte daran, dass Allianzen zwischen Extremisten kein neues Phänomen seien – bereits in den 1970er-Jahren habe es Kooperationen zwischen Islamisten und Linksextremisten gegeben. Daniel Neumann wiederum warnte eindringlich, dass es ein „Zeitfenster jüdischen Lebens in Europa“ gebe, das sich angesichts der aktuellen Entwicklungen zunehmend schließe.

Das Podium war sich mit den einleitenden Rednern einig: Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, nicht nur für Sicherheitsbehörden.

Kein Raum für Antisemitismus - Die Präventionsarbeit des LfV Hessen

Das LfV Hessen sensibilisiert auch abseits des Herbstgesprächs im Rahmen seiner Präventionsarbeit für alle Formen des Extremismus und Antisemitismus. Die Präventionsexpertinnen und -experten des LfV stehen kostenfrei für dezentrale Informations- und Sensibilisierungsveranstaltungen zur Verfügung. Sie erreichen die Präventionsabteilung unter 0611-7201966 oder per E-Mail an praevention@lfv.hessen.de.

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